Breites Bündnis klagt gegen Ausweitung des Salzabbaus am Niederrhein
[Wesel, 08.10.2025]
Die Veranstaltung war Teil eines breiten Protests gegen die Entscheidung der Bezirksregierung Arnsberg, den Salzabbau ohne umfassende Auflagen zu genehmigen. Die Kläger kritisieren unter anderem Risiken für Grundwasser, Infrastruktur und Kulturgüter, den Wertverlust sowie Schäden an ihren Immobilien und fordern eine Reform des Bundesberggesetzes.
Pfarrer Dietmar Heshe leitete die Veranstaltung mit einer sehr anschaulichen Schilderung des Schadens in St. Peter im Mai 2015 ein. Unmittelbar nach einer Beerdigung platzte der Fliesenboden mit einem lauten Knall und starker Staubentwicklung auf. Seit nunmehr zehn Jahren läuft hierzu ein Beweissicherungsverfahren, in dem – aus Sicht des Bergwerksbetreibers ein sehr seltener Fall – gutachterlich festgestellt wurde: Der Schaden am Boden der Kirche in Höhe von 585.000 Euro ist durch die Einwirkungen des Salzbergbaus entstanden. Es handelt sich also um einen Bergschaden, der ansonsten bei fast allen Schadensmeldungen von Privatpersonen vehement abgestritten wird.
Die Veranstaltung folgte keiner festen Agenda, sondern wurde durch die Fragen der Betroffenen an die Podiumsteilnehmer intensiv und kontrovers geführt. Die Anliegen der über 200 Teilnehmer reichten von sehr unterschiedlichen Einzelfällen bis hin zu weit zurückliegenden Ereignissen. Immer wieder wurde das Hin- und Herschieben von Verantwortlichkeiten zwischen Bergwerksbetreibern und LINEG kritisiert, ebenso die verweigerte Anerkennung von Schäden, die schließlich privat finanziert werden mussten. Genannt wurden zudem die stark zunehmende Vernässung landwirtschaftlicher Flächen, der Anstieg des Grundwassers infolge von Bodensenkungen sowie der Grundwassereintritt in zahlreiche Häuser in Menzelen-Ost.
Besonders großes Unverständnis äußerten die Teilnehmer darüber, dass in unmittelbarer Rheinnähe Geländesenkungen von bis zu fünf Metern zugelassen werden. Befürchtet wird, dass diese abflusslosen Senken im Katastrophenfall zu schweren Schäden führen könnten.
Vom Bergwerksbetreiber war lediglich ein Unternehmen vertreten. Die für die meisten Schadensfälle zuständige CAVITY GmbH stellte sich den Fragen der Bürger nicht. Dadurch fiel es dem Werksleiter Dr. Choné leicht, für die Zukunft eine bessere Behandlung möglicher Schäden zu versprechen. Auf die Fragen, wie viel Gewinn das Bergwerk erwirtschafte und warum diese Mittel nicht in einen Fonds zur Begleichung der Ewigkeitslasten fließen, gab es keine Antwort.
Insgesamt war es eine sehr gelungene Veranstaltung, die unbedingt wiederholt werden sollte – am besten auch unter Einbeziehung aller am Salzbergbau beteiligten Akteure: der Bezirksregierung Arnsberg als Genehmigungsbehörde, der LINEG sowie der Cavity GmbH als verantwortliche Partei für den Altbergbau und die Vielzahl bisheriger Schäden.
Kritikpunkte
Das Bündnis sieht im Verfahren gravierende Mängel und Risiken. Unter anderem:
- Hochwassergefahr: Abgesenkte Gebiete würden bei Deichbrüchen oder Extremhochwasser zu einer Falle für Menschen, Wohn- und Gewerbegebiete.
- Gefährdung des Grundwassers: Abpumpen großer Mengen zerstört Ressourcen, Hochwasser kann Trinkwasserschutzgebiete verunreinigen.
- Zerstörung von Natur und Lebensräumen: Bedrohung von Naturschutzgebieten, u. a. des Ramsar-Gebiets.
- Schäden an Eigentum und Kulturgütern: Gefahr für Wohnhäuser, Infrastruktur, den Xantener Dom und die Innenstadt.
- Ewigkeitskosten: Keine ausreichenden Rücklagen von K+S – Kosten bleiben bei der Region.
- Unfaire Haftungsregeln: Schäden wirken bis zu 200 Jahre nach, K+S haftet aber nur 30 Jahre.
- Mangelnde Neutralität: Gutachten stammen meist vom Unternehmen selbst.
- Keine Prüfung von Alternativen: Versatz zur Stabilisierung der Hohlräume oder Meerwasserentsalzung wurden nicht berücksichtigt.
- Ausgrenzung der Öffentlichkeit: Bürgerbeteiligung war lückenhaft, Unterlagen nicht rechtzeitig zugänglich.
Forderungen des Bündnisses
Die Kläger fordern u. a.:
- Abbau nur mit Versatz, um großflächige Absenkungen zu verhindern.
- Verzicht auf Verjährungseinrede durch K+S bis zum Eintritt der Bergruhe.
- Sicherheitsleistungen und Bürgschaften für Bergschäden und Folgekosten.
- Schutzmaßnahmen für Deiche und Infrastruktur vor Beginn des Abbaus.
- Unabhängige Schlichtungsstelle, verpflichtend für K+S auch nach Ablauf von Fristen.
- Prüfung von Alternativen wie Abbau nur unter öffentlichem Grund oder Salzgewinnung aus Meerwasser.
- Transparente Veröffentlichung geologischer Daten für Gemeinden und Eigentümer.
- Grundlegende Reform des Bundesberggesetzes: Vorrang für Mensch, Umwelt, Eigentum und Kultur vor Rohstoffinteressen; Aufhebung der 30-Jahres-Verjährungsfrist; unabhängige Kontrolle des Salzabbaus.