Wahlprüfsteine - 91,4 % sind für eine Schiedsstelle

Die Ziele der Bürgerinitiative der Salzbergbaugeschädigten NRW e.V. (BI) haben eine große Unterstützung bei den Politikerinnen und Politikern der Region erfahren. Im Laufe des Juli und August wurden an sämtliche Kandidatinnen und Kandidaten für das Landrats- und Bürgermeisteramt, sowie Fraktionen der Parteien sechs Fragen, sog. Wahlprüfsteine, seitens der BI zum Thema Salzbergbau am Niederrhein in den Gebieten Alpen, Rheinberg, Wesel und Xanten versandt. Diese Fragen betreffen Themen rund um den Salzbergbau und dessen Erweiterung, wie Probleme der Rechtssicherheit, Infrastruktur, des Betrachtungszeitraums und des Überschwemmungsrisikos.
Von der Möglichkeit, damit vor den Kommunalwahlen am 13.09.2020 ihre Sicht zum Thema Salzbergbau in den betroffenen Gebieten darzustellen, machten die meisten Politiker Gebrauch und beantworteten die Fragen der BI schriftlich. Die Auswertung der Rückmeldungen zeigt, dass sich 91,4 % der befragten Politiker für eine unabhängige Schiedsstelle im Salzbergbau aussprechen, ähnlich wie im Steinkohlebergbau. Damit würden durch den Salzbergbau verursachte Schäden an Privateigentum zukünftig durch eine neutrale und objektive Instanz bewertet und entsprechend nach dem Verursacherprinzip entschädigt werden. Beinahe alle Kommunalpolitiker und -parteien (97,1%) haben sich dafür ausgesprochen, dass Schäden an der Infrastruktur, wie an Straßen, Kanälen, Leitungen, Deichen etc. vom Salzbergbaubetreiber zu bezahlen sind. Interessanterweise geben 75 % der befragten Politiker und Parteien unabhängig von den vorgegebenen Fragen an, dass die Politik durch Verträge die Bildung von Rücklagen sicherstellen muss, um die durch den Salzbergbau verursachten Ewigkeitslasten finanziell aufzufangen.  Außerdem bringen zwei Drittel der Befragten zum Ausdruck, dass durch den Salzabbau in der Region eine gesteigerte Hochwassergefahr für die Bevölkerung zu erwarten ist.
Interessierte Leser und Wähler können die vollständigen Antworten der Politiker und Parteien der genannten Kommunen im Wortlaut in unserer Rubrik Kommunalwahl 2020 nachlesen.
Auch in dem am Montag, 17.08.2020 erfolgten Gespräch zwischen Vertretern des  Salzbergbaubetreiber K+S und der Bürgerinitiative der Salzbergbaugeschädigten NRW e.V. äußerten die Betreibervertreter, dass sie sich einen Beitritt zu einer Schiedsstelle grundsätzlich vorstellen könnten. Sie verwiesen allerdings darauf, dass sie nur einen Teil des Salzbergbaus am Niederrhein verantworten und die weitere Betreiberfirma Solvay/Cavity bisher dem Beitritt einer Schiedsstelle vehement ablehnt. Weitere Gespräche seitens der Bürgerinitiative mit K+S und Cavity GmbH werden folgen.

 

Ableitung von Forderungen aus unseren neu definierten Zielen

 
Im letzten Newsletter hatten wir Sie über die Neuformulierung unserer Ziele informiert. Basierend darauf haben wir nun die folgenden Forderungen abgeleitet und möchten Ihnen diese hier vorstellen:

Ziel 1: für die Schaffung einer Schiedsstelle als unabhängige Instanz zur objektiven Beurteilung von Schäden durch Salzbergbau, 

aber gegen ein System, bei dem das Salzbergbauunternehmen allein den Schadensumfang und die Entschädigungshöhe festlegt.

 

Aktueller Status Was fordern wir?
  • Meldung eines möglichen Schadens beim Verursacher
  • Feststellung welches Unternehmen zuständig ist
  • Beurteilung des Schadens durch den Verursacher
  • Erfassung der Statistik der Schäden durch Verursacher
  • Messungen der Geländesenkungen durch Verursacher
  • Bewertung der Ursachen von Gebäudeschäden durch Markscheider des Unternehmens
  • Im Streitfall: privatrechtlicher Rechtsstreit u.U. durch mehrere Instanzen mit hohen Gutachterkosten für die Geschädigten
  • Keine Rechtschutzversicherung trägt Kosten bei Bergschadensprozessen
  • Unterschiedliche Behandlung kommunaler und privater Schadensfälle
  • Für den Salzbergbau gibt es keine Schiedsstelle
  • Meldung des Schadens in neutraler Stelle (z.b. Kreishaus oder Rathaus auf Kosten des Bergbaus)
  • Meldung und statistische Erfassung aller Schadensmeldungen zentral (private und kommunale Schäden)
  • Beurteilung des Schadens durch unabhängige Gutachter
  • Messung der Ist-Geländehöhe durch neutrale Experten
  • Neutrale Transparenz der aktuellen Lage des Abbaus
  • Messungen der Geländesenk. durch neutrale Experten
  • Bewertung der Gebäude- und Infrastrukturschäden durch baufachliche Experten
  • Im Streitfall: für den Geschädigten kostenlose Gutachter 
  • ==> Einrichtung einer neutralen Schadensstelle

 

Ziel 2: für die Bildung einer langfristig gesicherten finanziellen Rücklage zum Ausgleich der Ewigkeitslasten über die aktive Salzabbauphase hinaus,

aber gegen gegen das Umlegen der Folgekosten auf Bürger und öffentliche Einrichtungen.

 

Aktueller Status Was fordern wir?
  • Die Bergwerksrechte sind in der Vergangenheit auf verschiedene Unternehmen aufgeteilt worden
  • Die Unternehmen K+S, ESCO und Cavity bilden Rücklagen im eigenen Ermessen
  • Eine Transparenz über die Höhe und Sicherstellung der Rücklagen ist nicht gegeben
  • Die Unternehmen garantieren der Landesregierung die Übernahme der Verantwortung durch Folgeunternehmen
  • Die gesetzlichen Verjährungsfristen reichen bei weitem nicht für die Auswirkungsdauer der Bodensenkungen von bis zu 200 Jahren
  • Die Höhe der Rücklagen sollte sich an der historischen Schadenshöhe und den prognostizierten Kosten für die betroffenen Gebiete sowie den laufenden Kosten der Regulierung des Wasserhaushalts bemessen.
  • Der historische Schadensverlauf von privaten Gebäudeschäden, privaten Grundstücksschäden bis zu kommunalen Schäden an der Infrastruktur wie Straßen, Kanälen und Deichen sind transparent darzustellen.
  • Die gesetzliche Verjährung ist auf die Dauer der möglichen Schadensauswirkungen anzupassen
  • ==> Die Rücklagen und deren Bemessung sollen unter eine staatliche Kontrolle gebracht werden

 

Ziel 3: für einen Salzbergbau, der seiner Verantwortung für Bürger und Umwelt endlich nachhaltig gerecht wird,

aber gegen einen Salzbergbau bei dem die Betreiberfirma profitiert und die Bevölkerung und Umwelt langfristig beeinträchtigt und geschädigt wird.

 

Aktueller Status Was fordern wir?
  • Die Prognose über den Bedarf des Rohstoffs Salz wird vom Unternehmen festgelegt.
  • Im Sinne der Nachhaltigkeit wird keine Betrachtung möglicher Substitute, alternativer Abbauverfahren und möglicher Recyclingmethoden gefordert.
  • Der extensive Flächenbedarf und die Lage des Abbaugebietes wird nicht in Frage gestellt.
  • Der Vermögensverlust der betroffenen Besitzer wird nicht kompensiert.
  • Das durch die Bodensenkung erhöhte Gefahrenpotential von Hochwasser- und Starkregenereignissen wird nur unzureichend berücksichtigt.
  • Maßnahmen zur Minderung der Auswirkungen von Hochwasserereignissen im Senkungsgebiet von Salz- und Steinkohlebergbau wie die Gerinneentlastungen des Rheins werden nicht Betracht gezogen.
  • Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist für alle räumlichen wie zeitlichen Erweiterung des Salzabbaus durchzuführen.
  • Das Unternehmen muß für den laufenden Abbau und die geplante Erweiterung den Bedarf unter Berücksichtigung von Alternativen nachweisen.
  • Das Unternehmen muß die Eignung des Abbaugebietes diskutieren und mit alternativen Standorten mit geringerem Schadenspotential z.B. Staatsforste, etc. abwägen.
  • Die Verhältnismäßigkeit aus volkwirtschaftlichem Nutzen zu möglichen Gefahren für das Leben der Bevölkerung und der Umwelt muß betrachtet werden.
  • Eine dem Gefahrenpotential angemessene Betrachtung von Schutzmaßnahmen wie z.B. die Gerinneentlastung des Rheins
  • ==> Eine gerechte und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Abwägung der möglichen Schäden zum Nutzen des Salzbergbaus in unserer Region am linken Niederrhein

 

  

Gespräch mit der K&S

 
In dem bereits oben erwähnten Gespräch mit der K&S am 17.08.2020 standen drei Themenschwerpunkte zur Diskussion.
Zunächst informierte uns die K+S über die geplanten Explorationstunnel und die von dort aus stattfindenden Bohrungen. Diese seien aus geologischen Gründen notwendig, da sich in dem Bereich des Fürstenbergs einige geologische Sprünge befinden, die dazu führen, das Salz- und andere Gesteinsschichten sich verschieben. Um sicherzugehen, dass die Qualität des Salzes gleichbleibend ist und auch die Förderung des Salzes technisch problemlos erfolgen kann, seien diese Bohrungen notwendig. Mit den Explorationstunneln gelange man erst an diese Stellen, von denen aus diese durchgeführt werden könnten.
Das diese Bohrungen jetzt bereits notwendig sind, bevor über die geplante Erweiterung des Gebietes entschieden wird, habe vor allem wirtschaftliche Gründe. Sollten die Bohrungen ergeben, dass sich ein Abbau nicht technisch möglich oder wirtschaftlich sinnvoll sei, so würde die Planung für diese Gebiete zurückgezogen werden.
Die K+S ist fest der Überzeugung, dass eine solche Erkundungsbohrung ohne UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung) durchgeführt werden könne. Das sehen wir jedoch anders, da bereits diese Tunnel zu Auswirkungen an der Oberfläche finden. Unterstützung erhalten wir dazu auch aus den Reihen der Xantener Politik.

Im zweiten Themengebiet ging es um den Prozess der Schadensbearbeitung. Es haben dazu bereits Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium und beiden Salzbergbauunternehmen (K+S und Solvay/Cavity) stattgefunden. Ziel ist es, die Schadensbearbeitung zu verbessern und mehr Transparenz zu schaffen. Dazu sollen u.a. die Schäden an einer zentralen Stelle – noch zu benennen – dokumentiert werden.
Im dritten Themengebiet haben wir anhand konkreter Schadensfälle, die aktuelle Beurteilung der Schäden betrachtet. Das Ergebnis war sehr ernüchternd, da es uns keinerlei neuen Erkenntnisse gebracht hat. Die K+S beruft sich auf die Messungen, die sie selbst regelmäßig durchführt und dokumentiert. Aufgrund dieser Messungen seien für die betrachteten Objekte im Randgebiet der Senkungen keine oder kaum Senkungen aufgetreten. Daher müssen die Schäden eine andere Ursache haben.
Hier ist aber genau das allseits bekannte Problem wieder deutlich geworden. Sämtliche Schadensaufnahmen, Höhenmessungen und anschließende Bewertungen erfolgen ausschließlich durch den Betreiber selbst. Ob es hier eine dem Schadenspotential angemessene Neutralität und Transparenz der Messdatenerfassung für alle betroffenen Grundstücksbesitzer gibt wird aus unserer Sicht bezweifelt.
Abschließend ist anzumerken, dass das Gespräch auf einer sachlichen Ebene erfolgte und wir auch weiterhin diese Gespräche mit den Bergbauunternehmen fortführen möchten.
 

Unterstützung durch die Kreisbauernschaft


Auch die Kreisbauernschaft hat sich bereits im Rahmen der Erweiterungsplänen der K&S mit den Auswirkungen durch den Salzbergbau beschäftigt und kritisiert vor allem, dass Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung sowie auf die Betriebsstrukturen einzelner Betriebe nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dieses geht aus einem Antwortschreiben der Kreisbauernschaft auf eine E-Mail der Bürgerinitiative hervor.
Die Bürgerinitiative wird sich in den nächsten Wochen mit der Kreisbauernschaft Wesel treffen, um über die gesamte Thematik zu diskutieren.

Gespräch mit den Stadtwerken (Kanalsanierung Ginderich / Generalentwässerungsplanung Wesel)

Aus Gesprächen mit Gindericher Bürgern erfuhren wir darüber, dass im neuen Kanal in diesem Sommer zu einer erhöhten Geruchsbelastung gekommen ist. Wir haben dieses zum Anlass genommen und uns in einem Telefonat über den Kanalbau in Ginderich zu informieren. Henning Wagner, Technischer Leiter bei den Stadtwerken in Wesel und zuständig für die Kanalsanierung, teilte uns mit, dass diese Geruchsbelastung auf den sehr trockenen Sommer zurückzuführen sei und dieses auch in anderen Kanälen vorkomme. Daher seien die Stadtwerke regelmäßig mit Spülwagen im Einsatz. Zusätzlich habe die Stadt Wesel nachträglich neue Geruchsverschlüsse einbauen lassen, um die Geruchsbelästigung zu minimieren. Anwohner teilten uns allerdings mit, dass diese nicht den gewünschten Erfolg gebracht hätten.
Schaut man sich die Pläne für den Kanalbau aus dem März 2019 an, so sind bereits Verzögerungen bei den Baumaßnahmen festzustellen, so dass diese vermutlich in das Jahr 2025 hineinreichen werden.


In der Vergangenheit hatten wir bereits über das Thema Generalentwässerungsplanung berichtet, welches im Auftrag der Stadt Wesel zunächst für Büderich und Ginderich im Jahre 2017 durchgeführt wurde. In diesem Generalentwässerungsplan GEP wurde nach Ortsteilen gegliedert das Bestands- und Prognosenetz berechnet.
Während das Kanalnetz in Büderich im Mischsystem entwässert, erfolgt dieses in Ginderich im Trennsystem. Bei Rheinhochwasser und Starkregen fördern 3 kräftige Pumpen am Betriebspunkt Rheinallee das Mischwasser aus dem Kanalnetz in den Rhein. Am Betriebspunkt Rheinallee (Hochwasserpumpwerk) in Büderich ist ein mobiles Notstromaggregat vorhanden. Bei den letzten Erschließungsmaßnahmen (Tank- und Rastplatz Büderich und Gewerbegebiet Büderich – Nördlich Hagelkreuzweg) wurde Rückhalteraum für Niederschlagswasser geplant und gebaut.
In der damaligen Untersuchung wurde Regenmengen eines 5-jährigen, 30-jährigen und 100-jährigen Starkregenereignisses simuliert. Allerdings stellte sich damals bereits heraus, dass diese Mengen nicht mehr den heute auftretenden Starkregenmengen entsprechen.
Daher hatte die Stadt Wesel angekündigt, diese Simulationen auf Regenmengen von 110 Litern pro m² für das gesamte Weseler Stadtgebiet auszuweiten. Aktuell werden diese Ergebnisse ausgewertet. Anfang 2021 sollen uns diese Ergebnisse vorgestellt werden. Es sei geplant, dass konkret die Bürger angesprochen werden, bei denen sich das Wasser auf deren Grundstücken verteilen würde, so dass diejenigen entsprechende Maßnahmen einleiten können.

 
Ein Blick über den Tellerrand hinaus


Zitat aus dem Bericht des MDR vom 20. August:
„Das Land Thüringen bezahlt für eine DDR-Altlast: die stillgelegten Kali-Gruben im Werra-Revier. Obwohl die Gruben der KS Kali GmbH gehören, kommt das Land allein dafür auf. Am Oberverwaltungsgericht wird in der Sache verhandelt.
Bei Bad Salzungen, ganz im Westen Thüringens, liegt die Grube Springen. Die ist vor langer Zeit durch den Abbau von Kali-Salz entstanden und bis heute ein Problem, denn in die Grube tritt ungesättigte Salzlauge ein. Die entsteht, sehr vereinfacht gesagt, in dem Wasser durch salzhaltige Schichten in der Erde fließt und sich seinen Weg in die Grube bahnt.
Die ungesättigte Lauge kann die Salzpfeiler in der Grube auflösen und dadurch besteht die Gefahr, dass alles zusammenstürzt. Um das zu verhindern, wird die Lauge abgepumpt. Das übernimmt die K+S Kali GmbH. Die Kosten aber trägt das Land Thüringen.“

Hier zeigt sich ein Problem, welches auch auf uns zukommen könnte. Was geschieht, wenn sich die K+S vom Bergbau verabschieden sollte? Ist dann auch der nordrhein-westfälische Steuerzahler dran und muss für die Altlasten / Ewigkeitslasten aufkommen?
Aus heutiger Sicht mit einer sehr intransparenten Absicherung der Rücklagen könnte dies so sein, denn bei sämtlichen Genehmigungsverfahren scheinen die immensen volkswirtschaftlichen Folgekosten keine oder zu wenig Berücksichtigung zu finden.

Ausblick auf die nächsten Termine der Bürgerinitiave

7. September 2020: Gespräch mit Bürgermeister Thomas Görtz in Xanten
21. September 2020: Gespräch mit Umweltministerin Heinen-Esser in Düsseldorf
Noch nicht terminiert: Gespräch mit der Kreisbauernschaft, Wesel.